Ostpreußisches Weltkulturerbe – Tragik um die Kirche in Arnau in Ostpreußen

Dr. Rix

Den Vortag zum Thema hielt Herr Dr. Rix, der auch dem Vorstand der Stiftung „Arnau e.V.“ angehört. In seinem Vortrag schilderte er uns die enormen Schwierigkeiten und den persönlichen Einsatz aller Beteiligten während der Restaurierungsarbeiten. Beachtenswert ist auch der Einwöchige Arbeitseinsatz in Arnau einer Schulklasse aus Minden.

Kirche Arnau

Der Deutsche Orden errichtete in den Jahren 1340 bis 1350 in Arnau (russ.Rodniki) die der Hl. Katharina geweihte Kirche. Sie gehörte zu den bedeutendsten Baudenkmälern Ostpreußens und war eine Wallfahrtskirche im Ordensland. Bis 1945 war diese Kirche ein ev. Gotteshaus. Die lutherische Reformation hielt hier schon sehr früh Einzug, bereits 1525 wurden Gottesdienste nach lutherischer Lehre gehalten. Die Ausmalung des Langhauses mit einem Heilsspiegel (Spiegel der menschlichen Erlösung) begann etwa um 1360 und bezeichnete die bildliche Vermittlung des christlichen Glaubens. Ursprünglich umfasste der Arnauer Heilsspiegel 119 alt- und neutestamentarische Darstellungen. Ausgeführt wurde diese Arbeit vermutlich von einem Meister der Königsberger Malschule. Die Kirche blieb von den Kampfhandlungen um Königsberg verschont, doch die folgenden Jahre machten sie zur Ruine. Das Inventar ging nach 1945 verloren. Das Gebäude hatte die Jahrhunderte mit mancherlei An- und Umbauten einigermaßen überstanden. Sie befand sich nach zweckentfremdeter Nutzung als Lagerhalle für Getreide und später für Baumaterial zur Zeit der Sowjetunion in einem erschreckend schlechten Zustand. Um die historisch wertvolle Kirche zu erhalten, wurde 1992 in Deutschland das Kuratorium Arnau e.V. gegründet. Dieser Verein hatte sich als Aufgabe gesetzt, die von der Zerstörung bedrohte und kunstgeschichtliche außerordentlich bedeutende St. Katharinen-Kirche in Arnau vor den Toren Königsbergs zu retten und wieder herzustellen. Da sich die Kirche auch mit bedeutenden Namen der preußischen Geschichte (E.T. A. Hoffmann, Johann Georg Hamann, Immanuel Kant, Joseph von Eichendorf und Theodor von Schön) verbindet, bemüht sich das Kuratorium auch darum, die Zeugnisse des kulturgeschichtlichem Umfeldes zu erhalten. Die Arbeiten und Maßnahmen vollzogen sich in enger Abstimmung mit den russischen Behörden, insbesondere mit dem Königsberger Amt für Denkmalschutz, so dass auf russischer Seite nicht nur ein Verständnis für deutsche Kultur geweckt wurde, sondern sich zugleich eine Kulturförderung im europäischen Sinne ergab. Der Initiator, Herr Dr. Walter T. Rix, bot uns einen interessanten Einblick in die schwierige Arbeit des Kuratoriums. Nach Absprachen mit der russischen Verwaltung wurde das Kuratorium offiziell autorisiert, die Restaurierungsarbeiten an der Kirche durchführen zu lassen. Ein erster großer Erfolg war, dass die Kirche unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Mit der Fertigstellung des Turmes konnte konnte 2002 der erste Bauabschnitt abgeschlossen werden. In der Kugel des Turmes befindet sich ein Dokument mit folgendem Wortlaut:

Kirche in Bau „Nach Jahrzehnten der kulturellen Barbarei wurde an diesem Ort in Arnau die Macht des Unheils gebrochen. Russische und deutsche Partner haben gemeinsam daran gearbeitet die Kirche der Hl. Katharina aus dem XIV. Jahrhundert, bei Kriegsende unversehrt, als Kulturdenkmal der gotischen Backsteinbauweise und Hort einmaliger gotischer Fresken wieder in historisch getreuer Form herzustellen und der Nachwelt zur Obhut zu übergeben. Der Turm mit der Krönung durch das Abbild der Hl Katharina wurde im Jahre 2001, da Wladimir Putin Präsident der Russischen Föderation und Gerhard Schröder Bundeskanzler in Deutschland ist, in der Kugel über dem Turmdach versiegelt. Mögen Krieg und Gewalt das Bauwerk fürderhin verschonen“.

Die russischen Behörden beauftragten das Museum für Geschichte und Kunst in Kaliningrad mit der Verwaltung der Arnauer Kirche. Zwischen dem Museum und dem Kuratorium Arnau e.V. wurde 2008 ein Vertrag geschlossen, der die gleichberechtigte Planung der weiteren Restaurierungsarbeiten und der Nutzung der restaurierten Kirche vorsah. Die Kirche sollte danach als öffentliches Museum geführt werden.

Die bis dahin gute und erfolgreiche Zusammenarbeit wurde jedoch beendet, als 2011 die Eigentumsrechte seitens der russischen Verwaltung an die Russisch-orthodoxe Kirche übertragen wurden. Seither bestimmt diese alleinig über das weitere Baugeschehen. Sein Ziel, die bei einer umfangreichen Restaurierung der Kirche in den Jahren 1908 bis 1912 freigelegten 119 Bilder einer einmaligen mittelalterlichen Wandmalerei zu restaurieren und der Nachwelt zu erhalten, konnte das Kuratorium gegenüber dem neuen Besitzer nicht durchsetzen. Ohne Rücksicht auf die Einmaligkeit der Fresken und die anzustrebende Erhaltung eines europäischen Kulturgutes gefährden die von der Russisch-orthodoxen Kirche eingeleiteten Maßnahmen dieses nicht nur, scheinbar sollen religiös geprägte geschichtliche Zeugnisse zielgerichtet beseitigt werden. Es ist bedauerlich, dass religiös motivierte Ziele scheinbar auch in Europa den Erhalt eines mittelalterlichen Kunstwerkes verhindern können.

Herzlich dankten die Zuhörer Herrn Dr. Rix für für den mit großem Fachwissen gehaltenen Vortag, zu dem er auch Bilder aus der Kirche in Arnau sowie der Restaurierungsarbeiten zeigen konnte. Wir wünschen Herrn Dr. T. Rix alles Gute und hoffentlich weitere Erfolge zur Erhaltung dieser Kirche als Kulturgut.

Zurück zur Übersicht