Zur Veranstaltung am 24.06.2011 hatte der Vorstand der Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen, Kreisgemeinschaft Chemnitz e.V. in die Clausstraße 27, 09127 Chemnitz von 14.00 -16.00 Uhr eingeladen. Erschienen waren 56 Personen.
Als Referent war Herr Dr. W. R. Gogan vom ostpreußischen Landesmuseum Ellingen angereist. In seinem sehr sachkundigen Vortrag, den er mit ca. 130 Bildern dokumentierte, schilderte er den Verlauf und Ausgang der Wahlen in den Gebieten: Marienburger Kreis, Rosenberg, Stuhm, Allenstein, Allenstein-Land, Osterode, Neidenburg, Ortelsburg, Sensburg, Rössel, Lötzen, Johanisburg, Lyck und Gumbinnen.
Die Interalliierte Abstimmungskommission legte das Abstimmungsreglement fest und bestimmte Sonntag, den 11. Juli 1920 als Abstimmungstag. Das Gebiet wurde in 1704 Stimmbezirke aufgeteilt. In den Abstimmungsausschüssen arbeiteten je zwei Deutsche und zwei Polen, die von den Alliierten kontrolliert wurden. Regierungspräsidenten und deutsches Militär hatten bis zum 05. 02. 1920 das Abstimmungsgebiet verlassen, an deren Stelle italienisches und britisches Militär einrückte. Danach wurden die Grenzen zum Abstimmungsgebiet geschlossen. Daraufhin übernahmen zwei Interalliierte Kommissionen die Verwaltung in Marienwerder und Allenstein. Ihr Bericht zum Abstimmungsergebnis sollte später der Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen dienen. In vielen Orten gründeten sich Heimatverbände z. B.: Masuren- und Ermländerbund.
Polnische Vereinigungen hatten dagegen in Ostpreußen kaum Erfolg, da die Bevölkerung in den Abstimmungsgebieten überwiegend deutsch war. Lediglich die Kreise Stuhm, Marienwerder und Rosenberg, in denen polnische Adelsfamilien lebten, wurden von der polnischen Nationalbewegung geprägt. Der Versailler Vertrag erlaubte auch den Ostpreußen, die durch Heirat, Arbeitsaufnahme oder Ausbildung nicht mehr in Ostpreußen wohnten, aber dort geboren wurden, die Teilnahme an der Abstimmung. Die festlich geschmückten Wahllokale wurden schon früh von den Wählern aufgesucht. Zuversichtlich erwarteten Sie die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse durch die Interalliierte Kommission.
Ergebnisse im
Abstimmungsgebiet Allenstein | Stimmen für Ostpreußen | Stimmen für Polen |
Allenstein-Stadt | 16 742 | 342 |
Allenstein-Land | 31 486 | 4 902 |
Johannisburg | 33 036 | 14 |
Neidenburg | 22 233 | 330 |
Lötzen | 29 378 | 9 |
Lyck | 36 534 | 44 |
Ortelsburg | 48 204 | 511 |
Osterode | 46 385 | 1 043 |
Rössel | 35 252 | 758 |
Sensburg | 34 334 | 35 |
Olezko | 28 625 | 2 |
Abstimmungsgebiet Marienwerder | Stimmen für Ostpreußen | Stimmen für Polen |
Marienburg | 17 805 | 191 |
Marienwerder | 26 607 | 1 779 |
Rosenberg | 33 498 | 1 073 |
Spontan wurde das Abstimmungsergebnis mit Festumzügen gefeiert und vor der deutschen und internationalen Presse eindeutig dokumentiert. Das amtliche Ergebnis bestätigte, dass 92,42 % für den Verbleib bei Ostpreußen bzw. dem Deutschen Reich gestimmt hatten, während sich nur 7,58% für Polen entschieden. Polen war enttäuscht über die Abstimmungsniederlage. Am 16. August 1920 wurde in Allenstein die Übergabe des Abstimmungsgebietes an die deutsche Verwaltung durch die Interalliierte Kommission vollzogen. Verschiedene Denkmale und Gedenkstätten entstanden, um an die Volksabstimmung am 11. Juli 1920 zu erinnern. Des weiteren wurden Briefmarkensätze, Briefumschläge und Notgeldscheine mit begrenzter Gültigkeit herausgegeben. Helfern und Organisatoren der Volksabstimmung wurden „Abstimmungsabzeichen” bzw. die „Abstimmungsehrennadel” verliehen. Auch mit dem Buch „Marienwerder, Geschichte der Stadt” wurde an die Volksabstimmung erinnert. Durch das eindeutige Ergebnis der Volksabstimmung wurde die Zusammengehörigkeit der Ost- und Westpreußen gestärkt. Mit Gedenkveranstaltungen förderten Vereine den Zusammenhalt der in anderen Provinzen lebenden Ost- und Westpreußen.
Wir als Kreisgemeinschaft betrachten das Ergebnis der damaligen Volksabstimmung als eindeutige Willensäußerung der damaligen Bevölkerung und festen Bestandteil der europäischen Geschichte. Zeigt sie doch auch, daß die Bevölkerung völlig anders reagieren kann, als es von der Politik erwartet wird. Ohne die Ergebnisse des 2. Weltkrieges in Frage zu stellen, möchten wir mit regelmäßigen Veranstaltungen zum Erhalt ostpreußischen Kulturgutes durch Brauchtumspflege beitragen. Dazu gehört auch die Beschäftigung mit der 750 jährigen Geschichte östlich der Oder und Neiße. Nur so können wir zu einem besseren Verständnis der betroffenen Völker untereinander kommen..
Der Kulturkreis „Simon Dach” ergänzte den Vortrag mit folgenden Liedern:
Land der dunklen Wälder, Hellblaue Blüte, Auf ihrem Leibrößlein, Land der Väter weites Land, Kein schöner Land.