Das “Blutgericht” im Schloß zu Königsberg

Unsere Referentin Frau Ingrid Labuhn erläuterte allen Anwesenden die Entstehung und Nutzung des Feinschmecker- und Weinlokals “Blutgericht” bis zur Vernichtung während des 2. Weltkriegs.

Der mit den Salzburgern eingewanderte David Schindelmeißer ließ sich in Königsberg nieder und gründete 1738 ein Weinlokal im Königsberger Schloß. Sowohl die Königsberger als auch die Studenten und Touristen kehrten gern dort ein. Zunächst wurde nur Rotwein getrunken. Die Kellner bedienten die Gäste in blauen Kitteln mit vorgebundener Lederschürze. Ausgestattet war das Lokal mit groben Holzmöbeln und geschnitzten Prunkfässern im Hintergrund. Hinein gelangte man über eine schmale Kellertreppe im Schloßhof unterhalb des Marstalls. Im Jahr 1738 gründete der aus dem Salzburgischen eingewanderte Balthasar Schindelmeißer in der Kneiphöfischen Langgasse eine Weinhandlung. Die günstige Lage Königsbergs ermöglichte ihm Filialen in Warschau und Wilna. Das steigerte die Erträge so daß er sich 1760 das Gut Luisenthal in Juditten kaufen konnt.

Johann Christoph Richter betrieb seit 1799 im Schloßkeller eine kleine Weinhandlung mit Weinlager. Gemeinsam mit den Nachfahren des Balthasar Schindelmeißer gründete der Kommerzienrat Johann Christoph Richter eine Handelsgesellschaft. Das ermöglichte die Anmietung der weiträumigen Kellergewölbe als Lagerhallen mit Weinlokal, das immer beliebter wurde. Unter der Leitung von Karl Matzdorf konnte der Weinhandel auch auf das Rhein-Main Gebiet ausgedehnt werden. In den Gasträumen fand der Rhein- und Moselwein regen Zuspruch und die Gäste sangen emsig Rheinlieder z.B.: „Warum ist es am Rhein so schön”, oder “Es zogen drei Burschen”. Für die hungrigen Gäste des Lokals wurden auch Gerichte angeboten und es duftete nach Königsberger Fleck und Königsberger Klops. Im Laufe der Zeit besuchten das Lokal auch Prominente so auch die Schauspieler Paul Wegener und Heinrich George auch Graf Luckner und Großadmiral Prinz Heinrich von Preußen, die Schriftsteller Fritz Skowronnek und Ernst von Wolzogen, Thomas Mann, Joachim Ringelnatz auch Außenminister Gustav Stresemann, der Maler Lovis Corinth und Richard Wagner, der viele Opern schrieb, die in Ostpreußen spielten, jedoch nicht mehr aufgeführt werden. Der Name “Blutgericht“ bezog sich möglicherweise auf die Gasträume, die in den unterirdischen Tonnengewölben mit den gewölbten Decken und spitzen Bögen lagen. Die grottenartigen Räume hatten furchteinflößende Namen, die an mittelalterliche Folterkammern erinnerten: Diebesgefängnis, Marterkammer, große Glocke, Peinkammer, Pfefferstub´ oder Spanische Nadel. Zur feuchten Kelleratmosphäre paßten die groben Holzmöbel wie auch die schmiedeeisernen Wandleuchter und die Modelle alter Hansekoggen an der Decke. Bis April 1945 wurde das “Blutgericht” gastronomisch genutzt. Nach der Eroberung Königsbergs durch die Rote Armee war das Schloß schwer beschädigt und die Stadt wurde umbenannt in Kaliningrad. Erst 1969 wurde das noch vorhandene Kellergewölbe gesprengt und abgetragen. Damit endete die Geschichte einer gastronomischen Einrichtung, die sich im Bekanntheitsgrad in Deutschland durchaus mit “Auerbachs Keller” in Leipzig vergleichen konnte.

Das zeigt, wie durch sinnlose Kriege über Jahrhunderte gewachsene Kulturgüter und Traditionen vernichtet werden und Millionen Menschen durch Flucht und Vertreibung heimatlos werden, wie wir es auch heute wieder erleben. Leider sind Politiker noch immer nicht in der Lage, für einen dauerhaften Weltfrieden zusammen zu arbeiten.

Zum Thema ein Gedicht v. Ernst v. Wolzogen:

Eingang zum Blutgericht

Versagt ist mir der Ruhm des Zechers,
Denn ich bin kein Athlet des Bechers,
Nie bin ich untern Tisch gesunken,
Nie war richtig noch betrunken.

Allein an guten alten Flaschen,
Andächtig mit Verständnis naschen,
Bis der befreiten Seele Schwung
Sich steigert zur Begeisterung.

In dämmrig trauten Kellerecken
Der Herzen tiefstes zu entdecken,
Und in solch wohligem Erschließen
Die Poesie des Weins genießen,

Wie nur der deutsche Biedermann,
Ja, das gelingt mir dann und wann.
Hab` solche frohen Feierstunden
Auch hier im Blutgericht gefunden,
Hier, wo`s von rauchgeschwärzten Mauern
Herabweht voll Erinnrungsschauern.

Es freut sich heut Mann, Weib und Kind,
Daß statt des Bluts nur Rotwein rinnt,
Kein Ketzerrichter Ränke spinnt
Und - Jungfraun nicht mehr eisern sind.

Der Kulturkreis “Simon Dach” hat dem Thema entsprechend folgende Lieder und Gedichte vorgetragen:

Das Blutgericht v. Prof. Dr. Kurzahn/Königsberg
Im Blutgericht Worte: Ingrid Labuhn, Weise: Valentin Rathgeber
Das alte Schloß Weise:Ingrid Labuhn, Satz: Jürgen Schwanke,
Worte:Th. Michelmayer
Ön mines Voader`s Goarde Melodie: Volksweise, Text: Ch. Keyler
Gedichte: Kritische Hymnen aus Königsberg/ Klavier, Geige, Blockflöte, Trommel
Im Blutgericht:
Du bist ein Schafskopp
von Fr. Walter/Hamburg Rheinländer aus dem Landkreis Lüneburg
Yorkscher Marsch von Beethoven

Damit ging ein interessanter und inhaltsreicher Nachmittag zu Ende. Die Anwesenden dankten der Referentin und dem Kulturkreis “Simon Dach” mit viel Beifall für Ihren Beitrag. Auch allen anderen Helfern ein herzliches Danke für Ihre Mühe. Bedanken wollen wir uns auch bei den Mitarbeitern des SMI und Herrn Dr. Baumann für ihre Unterstützung, ohne die wir die Veranstaltung nicht durchführen könnten

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